Sommeruniversität 2024 – E UMGANG MIT GESCHICHTE – ZUGANG ZU KULTUREN

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Seminare

Es werden die folgenden Seminare angeboten:

E 1 / Die französischen »Religionskriege«

Die Anhänger der Reformation in Frankreich bezeichnet man als Hugenotten. König Heinrich II. ging scharf gegen die Ausbreitung ihrer Lehre vor. Als er 1559 starb, übernahm seine Ehefrau Katharina von Medici die Regierungsgeschäfte für ihre noch unmündigen Söhne. Doch ihre Herrschaft war nicht unumstritten. Mächtige Clans des französischen Hochadels rivalisierten um die Macht im Staat. Viele von ihnen hatten sich der Reformation angeschlossen, andere waren unerbittliche Feinde religiöser Neuerungen. Die strukturelle Intoleranz beider Bekenntnisse verhinderte eine friedliche Koexistenz. Während die katholische Mehrheit die »Ausrottung der Häresie « forderte, verlangte die hugenottische Minderheit die freie Religionsausübung. Vermittlungsversuche des Königtums scheiterten. Frankreich versank für über 70 Jahre in einer Phase immer wiederkehrender Bürgerkriege. In der historischen Erinnerungskultur sind bis heute besonders die Ereignisse der Bartholomäusnacht präsent, bei der die Katholiken auf Geheiß des Königs mehrere Tausend Hugenotten ermordeten. Die Protestanten entwickelten daraufhin Widerstandstheorien, die ihren Kampf gegen die Krone rechtfertigten. Internationale Unterstützung ihrer Glaubensgenossen ermöglichte es den Reformierten immer wieder, ihr Existenzrecht mit der Waffe zu verteidigen. Das Königtum war gezwungen, Pazifikationsedikte zu erlassen, die wiederholt gebrochen wurden. Doch auch als der Protestantenführer Heinrich von Navarra 1598 den Thron erbte, konnte er sich seinerseits nicht gegen die katholische Mehrheit durchsetzen. Er war gezwungen selbst zum Katholizismus zu konvertieren. Das Edikt von Nantes, das er 1598 zur Beendigung der Bürgerkriege erließ, gilt dabei bis heute als Meilenstein religiöser Toleranz in Europa. Es besiegelte aber allenfalls eine »Koexistenz in Intoleranz«. Auch unter der Herrschaft seines Sohnes kam es erneut zu Bürgerkriegen, nach denen die Freiheiten der Protestanten immer weiter eingeschränkt wurden, bis schließlich Ludwig XIV. 1685 das Recht auf die reformierte Religionsausübung in Frankreich vollständig aufhob.

Das Seminar erörtert, ob es sich bei den Bürgerkriegen tatsächlich um »Religionskriege« handelte. Wie nahmen die Zeitgenossen die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten wahr?
Wie konnte der Frieden im Königreich wiederhergestellt werden?
Welche Auswirkungen hatten die »Religionskriege« auf Frankreich und Europa?
Und wie gingen sie in die historische Erinnerung ein?
Die Klärung dieser und ähnlicher Fragen erfolgt arbeitsteilig mithilfe einer Analyse zentraler Quellen und der Lektüre von Ausschnitten der einschlägigen Forschungsliteratur. Die anschließende Diskussion der Teilnehmerergebnisse verspricht eine multiperspektivische und pluralistische Beurteilung der französischen »Religionskriege«.

Seminarleitung: Dr. Christian Mühling
Veranstaltungsort: Odenthal

Zeitraum: 29. Juli - 2. August 2024
Dauer: 5 Tage

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E 2 / Aktuelle Hexenjagden

Wenn Menschen krank werden, Unglück erleiden oder plötzlich sterben, wird als Ursache in vielen Regionen eine unsichtbare böswillige Kraft vermutet: Hexerei. Durch Rituale und Träume werden Menschen ausfindig gemacht, die dann für diese vermeintlichen spirituellen Akte bestraft werden. Im Extremfall kommt es zu Lynchmorden, Folter, öffentlichen Hinrichtungen, sehr viel häufiger zur Vertreibung, Stigmatisierung, Diskriminierung der Betroffenen. Solche Hexenjagden sind vor allem im subsaharischen Afrika, Indien und Papua-Neuguinea ein regelmäßig anzutreffendes Phänomen. Das einwöchige Seminar „Aktuelle Hexenjagden“ führt ausführlich in das Problem ein und lädt Studierende dazu ein, tiefer in regionale und thematische Aspekte einzutauchen und eigenständig an Interessensschwerpunkten weiterzuarbeiten.

Die sechs Tagesworkshops beginnen mit einer allgemeinen Übersicht: Wo kamen und kommen Hexenjagden vor, welche historischen und regionalen Unterschiede gibt es, welche Mythen und Irrtümer über Hexenjagden sind entstanden? Dem folgt ein genauerer Einblick in die Region Nordghana, wo Asyle für Hexenjagdflüchtlinge entstanden sind und seit 30 Jahren Praxisansätze erprobt werden konnten. Am dritten Tag erhalten wir Einblick in Stereotype und Bilder von Hexerei. Sowohl Hollywood als auch nigerianische und ghanaische Filme tragen dazu bei, wie Hexenbilder verbreitet und sichtbar gemacht werden. Psychologische Momente wie Frauenhass werden an den Hexenjagden in Papua-Neuguinea diskutiert. Der Humanist und Ethnologe Dr. Leo Igwe wird am Folgetag Hexenjagden in Nigeria vorstellen, die häufig auf Kinder abzielen. Zum Verhältnis von westlicher Esoterik und Neuheidentum zu Hexenjagden wird Dr. Felix Wiedemann Fragen beantworten. Theorien der Hexenjagden und ein Ausblick auf Möglichkeiten der Praxis bilden den Abschluss des Seminars.

Kurzvita

Dr. Felix Riedel forscht seit 2005 zu modernen Hexenjagden und arbeitet seit 2009 mit ghanaischen Projekten zusammen, die Hexenjagdopfern beistehen.

Seminarleitung:Dr. Felix Riedel
Veranstaltungsort: Villigst 

Zeitraum: 12. - 17.August 2024
Dauer: 5 Tage

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